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Haftung im Verein

Haftung im Verein. Eine umfangreiche Thematik, die anhand von verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden.

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Das Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) über den Turnunfall in einem steirischen Kindergarten hat in den Medien große Resonanz gefunden. Dies hat unter anderem zu einer Verunsicherung unserer Vereine geführt. In diesem Zusammenhang beleuchten wir aus unterschiedlichsten Blickwinkeln die „Thematik Haftung im Verein“.

Was war passiert: Ein fünfjähriges Kind fiel in einem Kindergarten von einer, in der Sprossenwand eingehängten Turnbank, die als Rutsche diente. Die Elementarpädagogin war nicht unmittelbar daneben, als das Kind die Rutsche nutzte. Zu betreuen waren zeitgleich 21 Kinder von eben dieser Pädagogin.  Das Kind (vertreten durch den Vater) klagte den Kindergarten auf Schadenersatz wegen Verletzung der Aufsichtspflicht. Das Erstgericht wies die Klage ab, das Berufungsgericht gab der Klage statt. Der OGH wies die an ihn gerichtete Revision des Kindergartens mangels erheblicher Rechtsfrage (dem Berufungsgericht ist keine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen) zurück.

Mag. Gernot Schaar ist Rechtsanwalt und als Experte für Datenschutz, Sport- und Vereins(haftungs)recht, sowie allgemeines Zivilrecht tätig.

Herr Schaar, welche konkrete Auswirkungen hat dieses Urteil auf einen Vereinsobmann/Übungsleiter in seiner Obsorge?

Grundsätzlich hat dieses Urteil keine weiterreichenden bzw. strengeren Auswirkungen als bisher, da der OGH (eigentlich das Berufungsgericht) seine jahrzehntelange Spruchpraxis in Fällen der Aufsichtspflicht/Aufsichtspflichtverletzung in diesem konkreten Fall „nur“ wiederholt bzw. bestätigt. Eine allfällige Verletzung der Aufsichtspflicht hängt immer vom Einzelfall ab. Das Maß der Aufsichtspflicht wird stets nach dem bestimmt, was angesichts des Alters, der Eigenschaften, der Entwicklung des Aufsichtsbedürftigen und der wirtschaftlichen Lage des Aufsichtspflichtigen von diesem verlangt werden darf. Somit ändert sich durch dieses Urteil nichts an der bis jetzt schon bestehenden Aufsichtspflicht und ihrem Umfang für Sporttrainer, Übungsleiter, Bewegungscoaches.

Wesentlich ist aber, dass der Verein (bzw. die Vereinsorgane) bei der Auswahl seiner Trainingsorte, seiner Trainer und Übungsleiter eine entsprechende Sorgfalt anwendet, und daher nur geeignete Trainingsorte und Personen (in der ausreichenden Anzahl) für die beabsichtigte sportliche Aktivität verwendet. Andernfalls könnte der Verein zur Haftung herangezogen werden.

Eine weitere Frage in diesem Zusammenhang an Sie, Herr Schaar: Welche Verpflichtungen im Bereich Haftung erstrecken sich generell auf das Leitungsorgan/den Vorstand eines Sportvereins?

Es besteht die Schwierigkeit eine eindeutige Antwort festzulegen. Jeder Schadensfall ist individuell zu klären, da u.a. die Aufsichtspflicht aus der Obsorgeverpflichtung resultiert, welche durch Vertrag oder freiwillige Übernahme übertragen werden kann. Der Umfang der Aufsichtspflicht ist abhängig von Alter und der Gefahrengeneigtheit der Tätigkeit. Somit besteht: Erkundigungspflicht (Prüfen der Eignung des Ortes bzw Personen), Anleitungspflicht (Vorzeigen der zu machenden Übungen), Kontrollpflicht (Prüfen der korrekten Übungsausführung) und Eingriffspflicht (bei fehlerhafter Übungsausübung oder Fehlverhalten der Sportausübenden).

Das Augenmerk sollte auf die Vermeidung von Verletzungen der Aufsichtspflicht bei der Sportausübung gelegt werden. Der Beginn, der Umfang und das Ende der Aufsichtspflicht hängt zum wesentlichen Teil von der vertraglichen Verpflichtung ab. Damit sollte in den Trainings-/Übungs-/Kursbedingungen genau festgelegt werden, ab wann und ab bzw. von wo die Aufsicht des Vereins bzw. des jeweiligen Trainers beginnt bzw. was im Falle von nichtvorhersehbaren Umständen und Situationen (Absage Training, Verletzung oder Ausschluss des Aufsichtsbedürftigen) gemacht werden soll. Da grundsätzlich während der Vereinseinheit die Aufsichtspflicht in dieser Zeit auf den Verein übergeht und sich die Obsorgeberechtigten auch darauf verlassen bzw. vertrauen können/dürfen, dass diese Aufsichtspflicht auch wahrgenommen bzw. erfüllt wird.

 

Damit werfen wir nun einen Blick auf die Vereinshaftpflichtversicherung der SPORTUNION, und fragen Roland Schwaighofer, Verkaufsdirektor der UNIQA Österreich Versicherungen AG und Ansprechpartner der SPORTUNION im Bereich Vereinsversicherung:

Herr Schwaighofer, was leistet generell eine Haftpflichtversicherung?

Die Haftpflichtversicherung sehe ich generell als eine der wichtigsten Formen einer Versicherung. Sie schützt das Vermögen des Versicherungsnehmers, also den versicherten Verein und der mitversicherten Personen, also die Mitglieder dieses versicherten Vereins, im Rahmen des Versicherungsvertrages durch Befriedigung gerechtfertigter und Abwehr ungerechtfertigter Schadenersatzansprüche Dritter. Über die SPORTUNION wird ein Versicherungspaket angeboten, welches eine Haftpflichtversicherung für den Verein und seine Mitglieder sowie eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung für die Vereinsorgane, eine Rechtsschutzversicherung für Organe und Mitglieder und schließlich eine Unfallversicherung für alle Vereinsmitglieder enthält. Alles in allem ein maßgeschneidertes Paket, das im Falle eines Falles weiterhilft.

In wieweit ist es wesentlich, dass jeder Verein eine entsprechende Vereinshaftpflichtversicherung hat?

Die Vereinshaftpflichtversicherung ist eine Schadenversicherung, die das Vermögen des Vereins (= Versicherungsnehmer) und der mitversicherten Personen (= Mitglieder) im Rahmen des Versicherungsvertrages schützt. So gesehen ist es unumgänglich, dass jeder Verein eine Haftpflichtversicherung hat, auch wenn eine eventuell bestehende gesetzliche bzw. privat Versicherung im Schadensfall Deckung gewähren würde, da man dies als Verein nicht automatisch annehmen kann.

 

Zum Abschluss unseres Berichtes greift Sporttimes einen aktuellen Versicherungsfall aus dem Bereich Haftpflicht auf. Wir haben Frau Bachleitner, vom Obmann Stellvertreterin der SPORTUNION Maria Schmolln befragt, in deren Verein sich folgendes Praxisbeispiel abgespielt hat:

Schalltrauma bei Zumbakurs

Die Klägerin behauptete, dass sie als Teilnehmerin an einem Zumba-Kurs des Versicherungsnehmers (=Verein) aufgrund der lauten Musik ein Schalltrauma erlitten hätte. Beklagt war die betreffende Übungsleiterin. Gefordert wurden Schmerzengeld sowie Behandlungskosten. Nach Abklärung, dass seitens der Beklagten (= Übungsleiterin) kein Vertrag besteht, der der UNIQA Vereinshaftpflichtversicherung vorgeht, ist UNIQA in die Abwehr eingetreten und konnte den Prozess für den versicherten Verein gewinnen. Die Klage wurde abgewiesen, die Prozesskosten waren von der Gegenseite zu tragen.

Frau Bachleitner, es war Ihnen ein Anliegen, über Ihren Versicherungsfall zu berichten, warum?

Ich denke es ist wichtig, dass man besonders diesen Fall öffentlich macht, um zu zeigen, dass oft schneller etwas passiert, als man denkt. Man kann ja bei unserer Geschichte gar nicht glauben, dass so etwas tatsächlich ein Problem werden kann.

Wie haben Sie die Abwicklung dieses Schadenfalls erlebt?

Wir waren alles in allem sehr zufrieden. Die Abwicklung hat super funktioniert, auch wenn es zu Beginn etwas gedauert hat abzuklären, welche Versicherung den Fall übernimmt und wer unsere Ansprechperson ist. Aber danach haben sowohl der SPORTUNION Ansprechpartner wie auch die UNIQA sämtliche Tätigkeiten abgewickelt. Ich kann nur sagen, eine Vereinshaftpflichtversicherung ist unumgänglich.

 

 

 

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